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Anklang

Author
Philip Schlusslicht
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https://phil.oso.phil.ist/anklang.html
Wordcount
467

Die Musik, derer so viel bedacht wird, ist nicht das Erzeugnis der Komponisten oder ihrer Fähigkeiten, es ist lediglich ihre Fähigkeit einzelne Stränge von Melodie zu isolieren und diese festzuhalten. Die unaufhörliche Überlagerung von Klängen abzusuchen nach diesen einzigartigen Arrangement ist ihre große Gabe, der Feinblick und die Geduld ihr erhabenes Werkzeug.

Ebenso steht es mit jeder anderen Art des Schaffens, sie ist nicht die Erzeugung des Werkes, vielmehr ist es eine Akkumulation von Sinn in Zeit. Doch sind diese beiden Zutaten ihr nicht zu eigen, sondern Leihgaben der Welt. Das Schaffen vermag nicht zu erzeugen, lediglich zu formen ist ihm zugegeben, die Aufladung von Zeit mit Sinn ist seine Notwendigkeit. Schaffen bedeutet die Welt nach Strängen von Zusammengehörigkeit abzusuchen und diese in einem Maße zusammenzuführen, wie es zuvor undenkbar war.

Somit kann es auch mir nicht gegeben sein eine Welt zu erschaffen, stehe ich doch jenseits des Werkes. Meine Wirkung kann sich nur niederschlagen in den Formen meiner Entladung im Werke; ich muss ihm seine Spannung imprägnieren und mich darin entspannen. Ich sei der Damm, der den Strom des Werkes staut, bis er sich in die Täler ergießt und sie mit Sinn spült. Ich sei der Spieler, der sein Puzzle kennt und dessen Teile zusammenfügt, bis sich ein Bild ergibt; mein höchstes Gut sei die abstrakte Abbildung der Welt in einer zuvor undenkbaren Form.

Ich muss mit dem Worte fließen, mich ihm ergeben. Es erscheint mir unnötig sich aufzulehnen gegen die Macht, die es über uns hat. Ich bin das Werkzeug, dessen es sich bemächtigt um Ausdruck und Anklang zu finden. Nur wenn ich mich vergesse und ihm diese Macht bereitwillig überlasse, kann es sich formulieren und etwas erschaffen, dessen Sinn jenseits des meinen liegt. Versuche ich mich einzubringen, so bringe ich auch meine Beschränkung ein und halte damit zurück, was in ihm aufbegehrt.

Das Wort hat die Macht Risse zu eröffnen, sich in sie zu ergießen und sie gänzlich auszufüllen. Es kennt nicht die Grenzen, an denen ich scheitere, es kennt nicht die Bindungen, derer ich unterliege, es kennt mich nicht. Es ist allein ein Konstrukt seiner selbst. Ich kann mich lediglich als Medium zur Verfügung stellen, die Komposition von Abfolgen zu Isolieren muss mein einziger Antrieb sein. Meine Spannung soll es sich zu eigen machen, einen Sturm entfesselnd und mich hinwegfegend aus seinen Formen soll es Bestand haben.

Die Unfähigkeit sich an mich zu binden sei der Worte größte Fähigkeit, wie meine diejenige sei, sie ziehen und ihre eigene Wege sich verschaffen zu lassen. Ich bin lediglich das Fundament eines Bauwerks, das außerhalb meiner Grenzen seinen Schatten wirft und dessen Glorie die seines Fundamentes weit überragt. So liege ich in meinem Grabe inmitten seines Markes und bin nur Ressource zum Aufbau eines Imperiums, dessen Glanz noch dann verschallt, wenn mein Widerschall lange verglimmt ist.