Kulisse
- Author
- Philip Schlusslicht
- Datetime
- Permalink
- https://phil.oso.phil.ist/kulisse.html
- Wordcount
- 537
Der Horizont eines jeden Erzählenden liegt doch nur dort, wo seine Geschichte endet. Wer bis zum Ende denkt, muss sich bewusst werden, dass die Grenze des Denkens doch nur die Grenze der Geschichte ist, dem das Denken anhing.
Jede durchlebte Situation wird in erlernten Wirkzusammenhängen kontextualisiert, wird als ein Bogen im Märchenbuch des Lebens begriffen, als sinnlos hingegen Schritte, die auf den breitgetretenen Wiesen archaischer Mythen gesetzt werden. Oft finden sich Seiten, die sehr untypisch sind, Seiten in denen es weniger um in den Leib einfahrende Dämonen und Knusperhäuser, als um die Unterjochung des Körpers durch die Fleischeslust und Eigentum geht. Selten aber finden sich herausgerissene Blätter, Anteile von Erzählungen, die zugunsten der Protagonisten verschleiert wurden, denn in Unkenntlichkeit verhüllt sich jeder Anspruch bestens.
Die Lenkung des Lebenslaufs, ausgehend von diesem mystischen Konglomerat an Antizipation, ist immer spürbar, kann Unsicherheit des Geschehens doch nur an den Balken dieser Fiktion erhängt werden. Auf den Streben des ewigen Gerüstes klettern die wilden Affenabkömmlinge umher und knüpfen ihren Teppich, um das Meer von Erzählungen mit Schicksal zu benetzen. Aus Lumpen und Seidentüchern wird die windige Festung des Verstandes emporwachsen und einem Segel gleich jedem Ansturm von Illusion trotzen, doch treibt es die Arche des Körpers lediglich über den Todesfluss.
Der Affen Hingabe an die Mythologie und die Wanderungen über die Ebenen der Schicksalswüste gleicht des Raubtiers Trott durch ein Großstadtdschungel, immer auf der Suche nach neuem Rohfleisch zum erhalt des Laufs. Rast ist verkannt, Belastung des rostigen Gebälks der Geschichten wird gemieden und die Furcht geschmiedet. Sie ist das Schwert der berittenen und trennt haarscharf die Grenze zur Bodenlosigkeit ab, erlaubt ihr Gewicht es doch nie sich zu erheben. Affige Heerscharen von Kämpfern werden aus den Tiefen des gebildeten Geistes emporgehoben und aufgerüstet, sie am Boden zu halten genügt ein Hauch von Reflexion.
Die großen Erzähler sind es, die faszinieren. Ihre Brise füllt die Windbeutel bis dass sie zum platzen gespannt sind. Ihr Reißen ist der Geschichte größtes Gut! Es ist ihre Zerstörung, die sie sich als Muster indoktriniert, bis sie jenseits ihrer eigenen Umwälzung nichts mehr im Stande ist zu vermitteln. Erst das Unwirsche der Wirklichkeit machte den Affenabkömmlingen Beine, die Erzählung über Erzählungen spannte den Bogen auf, der jenseits der Grauen bröckliger Bauwerke verläuft.
Der Pfad des Abkömmlings beginnt stets auf der Reise seiner Ahnen und nur allzu oft sind sie Teppichknüpfer oder Gerüstarbeiter. Jene, die ihre Geschichte bereits auf dem Baugerüst beginnen, werden lernen zu klettern, sich von Strebe zu Strebe zu hangeln, und ihr Knüpfen wird sie verbinden, nie jedoch aufrechtes Stehen, würden sie doch ihr Haupte mit dem Moos des Morsches konfrontieren und vom Sturm hinweggefegt. Die Bodenständigkeit der Bogenbewohner, ihre Geschichte von Demut und Aufrichtigkeit, erlaubt ihnen abzusehen vom Fleiß der Kletternden und Klammernden, erlaubt es ihnen sich freizumachen von Lust nach Unwirschem.
Letztlich der Ruf der Geschichtlichkeit bindet. In ihrem Sinne Gefasstes materialisiert sich in allem, zulassend, wie Erzählungen sich wandeln. Sie erfasst die Jugend mit monströser Gestalt und kolossalen Formen, ihre Behauptung von Antizipation wandelt sich selbst in Gestalt einer gefeiten Idee zum Bauwerk und Schicksalsteppich. Jede ihrer Einsichten ist unumgänglich. So wie sie in den Tod geholt wurde, wurde er selbst zur Grundlage jeder Antizipation, da alles andere den Tod bedeutet.