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Sexismus

Author
Philip Schlusslicht
Datetime
Permalink
https://phil.oso.phil.ist/sexismus.html
Wordcount
1232

Der Mensch ist so Einsichtig, dass er seine Triebe erkennen kann. Er vermag zu unterscheiden, wann es angemessen ist dem Ruf der Natur zu folgen und in welchen Situationen Anstand von ihm gefordert wird, soweit ihn seine Anlagen zur Moral veranlassen. Diese Unterscheidung geht augenscheinlich in einigen Fällen schief und es wird Paarungsgebrüll vernommen, wo nur der Zeitgeist beredet wird.

Feminismus ist Zeitgeist, das Erwachen des weiblichen Geschlechts im Geiste der Menschheit, ob als Konsequenz der Pluralisierung gelebter Sexualitäten, weg von der patriarchischen, asynchronen Monogamie, oder als Verschiebung der Geschlechtergrenzen, vollzieht sich. Dass die gesamte Debatte die Folge verfallender Normen und einer Verfeinerung der Moralvorstellungen ist, sei dahingestellt, auch ob diese Definition des Feminismus und des weiblichen Geschlechts irgendeiner der vielen Wahrheiten entspricht.

Faktisch korrekt ist allerdings die stückweite Entspannung gesellschaftlicher Verhältnisse durch die Wertung der Frau. Wo früher Blutfehden über die Zugehörigkeit einer Magd zwischen ihren Ehrenmännern gefochten wurden, ist heute die Frau ihr eigener Herr und kann die Duellisten ihrem Schicksal ohne Trophäe überlassen - und wer stirbt schon gern grundlos. Die Eigenberechtigung des weiblichen Geschlechts entzieht vielen männlichen Konflikten die Grundlage, reduziert (dort) die Rechtfertigung aggressiver Gewaltanwendung.

Was die Verfeinerung der Moralvorstellungen angeht, so kippte die mittelalterliche Hexenjagd um in die Stigmatisierung der männlichen Gewaltbereitschaft. Die Andersartigkeit der Frau wurde ihr vielfach zum Verhängnis, sie ließ sich seltener von den männlichen, auf Macht und Unterwerfung ausgelegten Belohnungssystemen kontrollieren und stellte damit eine Gefahr für die bestehende Herrschaftsordnung dar. Heute stellt sich die Unkontrolliertheit des physisch Stärkeren, also generell des Mannes der Frau gegenüber als die größte Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar.

Mit der zunehmenden Sexualisierung der Alltagswelt, die gleichmäßige Aufladung aller Medien mit beiden Geschlechtern und den Details ihrer Differenzen, wächst auch die triebhafte Spannung und ihr Zaumzeug, die Moral. Die begehrtesten Frauen der meistverkauften Männermagazine können bedenkenlos ihre Hüllen fallen lassen und sich in der Sicherheit moralischer Gefüge selbst objektivieren, ohne dass auch nur einer der technischen Assistenten am Set es wagen würde sie zu berühren. Natürlich, vor den Gedanken der pubertierenden Praktikanten ist sie noch immer nicht gefeit und auch die Augen einiger ihrer Mitarbeiter mögen den einen oder anderen anzüglichen Blick auf sie werfen.

Die fortschreitende Sexualisierung meint aber nicht nur den gnadenlosen Zugriff der breiten Öffentlichkeit auf die schönsten Frauen in den kürzesten Röcken, sie meint auch den Imagewandel des Fußballers vom Krieger im nackten Wettstreit zur Modefigur im Spottlight einer Milliardenschweren Werbeindustrie. Der Mann wird nicht nur biologisch der Frau mit steigendem Erkenntnisgewinn (was müssen es für barbarische Zeiten gewesen sein, die der Frau den Orgasmus auf organischer Grundlage absprachen) gleicher, auch die Szene seiner Selbstpräsentation, seiner Bestrebung gesellschaftlichen Vorlagen eines Mannes zu entsprechen wandelt sich.

Was diese Vorlagen betrifft, so ist das soziale Tier Mensch darauf ausgelegt, immer jene Figuren zu imitieren, die der eigenen Einschätzung nach den größten Erfolg beim Erhalt des Geschlechts versprechen. Ob Kreuzritter auf Feldzügen ihren Samen verteilten oder der Casanova die Frauen mit geistigen Geschicklichkeiten umgarnt, ihre Nachkommen imitieren das für ihre Zeit am erfolgreichsten scheinende Paarungsritual. Und da die fehlende Moral, was sogar Artgenossen betrifft, beim Einsatz physischer Gewalt die archaische Figur des Mannes wohl am bedeutendsten auszeichnet, organisieren sich heute als sensibel - im sinne des Zeitgeistes - geltenden Männer um den Ausbau der Moral als vorbildliches Verhalten sowie manche Frauen die körperliche Überlegenheit des Mannes in Frage stellen.

Ein Mann in unserer Gesellschaft zu sein meint nicht mehr nur die Rolle des Vaters oder anderer männlicher Vorbilder zu imitieren, Frauen determinieren mittlerweile einen großen Anteil dieser Imitation. Die Freiheit des Kindes seine Geschlechterrollen selbst zu finden wird also nicht mehr nur vom Mann bedrängt, die Frau sucht gleichermaßen ihren Abdruck zu hinterlassen. Als Konsequenz reproduziert die Mimikri des Kindes keine feste Geschlechterrolle mehr, vielmehr wird der Konflikt zwischen Mann und Frau, der im schlimmsten fall sogar in physischer Aggression gipfelt, als Normalzustand gelernt.

Die gesamte Debatte und der Aufschrei der weiblichen Gemeinschaft zeugt zusammengenommen von den Geschlechterunterschieden, auf deren Grundlage immer noch soziale Ungleichheiten produziert werden. Einerseits das schöne Geschlecht, das nicht mehr zu tun hat als dem Mann zu gefallen, andererseits der Familienvater und Beschaffer materiellen Wohlstands. Demgegenüber steht der intrageschlechtliche Druck des zeitlichen Verfalls von Schönheit und der Revierverlust des Schwächeren, die Angst vor dem Ausschluss aus dem eigenen Geschlecht, weicht man von Stereotypen ab.

Eine moderne Frau kategorisierte einen altmodischen Mann gleich eines Affen, denn viel mehr sei er nicht, wenn er seine Konzentration nicht auf ein Thema lenke. Natürlich könne er im Gegensatz zum Affen komplexere Aufgaben auch ohne zutun bewusster Aufmerksamkeit lösen, doch die Intuitivität solcher geistesabwesenden Unterfangen unterläge in den allermeisten Fällen der Leistung eines kritischen und wachsamen Geistes. Diese moderne Frau wusste um das Frauenbild des altmodischen Mannes und nutzte diese Schwäche: Die Moral des Mannes beschrieb die Frau nicht als ebenbürtig und er sah keinen Kontrahenten in ihr, strengte daher weder körperliche noch geistige Abwehrmechanismen an und war somit extrem empfänglich für ihre Suggestion.

Ein moderner Mann fand in einer altmodischen Frau Erwartungen, die nicht seiner Person sondern vielmehr seinem Geschlecht Rechnung trugen. Seine soziale Unbestimmtheit, seine Sensibilität gegenüber altehrwürdigen Sitten wurde ihm zum Vorwurf, seine Gedanken rankten sich zu wenig um die Zukunft als Familienvater. Seine Argumentationen wurden selbstredend geschätzt, doch die Moral der Frau blieb ungerührt. Dieser moderne Mann wusste um ihre Erwartungen und überraschte sie mit Einfühlsamkeit und Zuneigung jenseits ihres Glaubens. Die altmodische Frau musste ihre soziale Bestimmtheit aufgeben und seiner Person mehr Erwartungen entgegenbringen als seinem Geschlecht.

Ob es nun diese Schwäche und damit eine Instinkthandlung oder die schwindende Furcht vor unbestimmten Geschlechtergrenzen ist, die uns dazu verpflichten uns unserer sexuellen Positionsbestimmung gewahr zu werden, ohne die Ausleuchtung der Gegensätze und damit einhergehend der Übereinstimmungen wäre uns der Schritt vom Mann und Frau zu Menschen nicht gelungen. Die partielle Überlegenheit des begehrten Geschlechtes war seit der Domestizierung menschlicher Sexualität ein Motivator für soziale Umstrukturierungen.

Wenn in unserer Gesellschaft also genug Frauen ihren Paarungswillen vom Anstand und dem respektvollen Umgang des Mannes abhängig machen, so werden unsere Nachkommen lernen, dass das erfolgreichste Paarungsritual die moralisch hoch angesetzte Wertschätzung des Partners ist. Wenn dahingegen Massen von unter sittlichem Verfall leidende Frauen ihren Körper zur Paarung dem zur Verfügung stellen, der am lautesten schreit, so werden die Affen ihr Gebrüll anstimmen, schließlich ist es ja erfolgsversprechend.

Andererseits müssen genug Männer sich ihrer Emotion hingeben und die Paarung nicht nur als Herrschaftsakt oder Konsum betrachten, sondern auch als eine spirituelle Vereinigung. Es würde das Vertrauen der Frau in die emotionale Glaubhaftigkeit des Mannes stärken, wogegen die rudelartige Prollerei mit erlegter Beute sie um ihr Blut fürchten lässt. Die Bestialität des intrageschlechtlichen Moralverfalls würde schließlich auch der Frau ihrer Schönheit berauben und das Paarungsverhalten damit zum Trauerfall werden.

All das sollte ein Appell an den Menschen sein sich auf seine Gemeinsamkeiten zu berufen und das sich nicht sich selbst, sondern seiner Abwesenheit entgegenzustellen. Ein Jeder weiß um den menschlichen Tick zu begehren, was nicht erreichbar ist, egal ob das der verreiste Partner ist oder den besten Freund jenseits des Partners meint. Vielmehr sollte der Mensch dieses Begehren und seine Selbsterfahrung in diesem Begehren feiern, als den schnellen Kick des Konsums die gesellschaftliche Integrität aushöhlen zu lassen. In einer Gesellschaft, in der ich meinem begehrten Geschlecht diese Empfindung liebevoll mitteilen kann, ohne Sexist zu sein und ohne dabei eine verletzende Absage aufgrund meiner Indiskretion zu ernten, dort will ich leben. Und damit bin ich sicher nicht allein.