Steinwurf
- Author
- Philip Schlusslicht
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Aller Anfang ist schwer, sagt man so einfach, im Wissen, dass es doch nur ein Verweis auf die Institutionalisierung des gebrochenen Schweigens ist; keinesfalls jedoch eine Aufhebung der Bedeutung des Anfangs im Bezug auf sein Ende darstellt. Was also allen Anfang beschwert ist sein Ende, der Bogen, gespannt zwischen beiden Begrenzungen, muss mit seinen Grundsteinen befestigt werden.
Es gleicht einem Spiel, mit dem Ziel des Zielens; so wie der Anfang geschaffen wird, muss das Ende bereits feststehen, sollte es denn eines geben. Jedes Element diesen Bogens ist also in seiner Gestaltung stets eine Zirkulation in sich, wird es doch letztendlich nur als ein Stein im argumentativen Walle verbaut und muss diesen damit stets in sich - und somit sich als Teil dessen - erkennen. Ein jeder Schritt, hinweg über die Stufen des Bogens, ist Teil des Marsches und muss diesen in sich tragen. Das Kartenhaus stürzt ein.
Die Schwierigkeit ist es, bei Laune zu bleiben. Eine Grundschwingung beizubehalten, die sich über die gesamte Strecke des Bogens spannt; die Frequenz des Bogens in sich zu treffen und somit in Resonanz zu stoßen. Mit den Mitteln der Metaphorik und Verwirrung wird das Publikum instruiert, die Resonanz wird in ihm auf diese Weise angelegt, dass es sich selbst in den Takt bringen muss, um der Melodie lauschen zu können. Das Höchstmaß an Entzug schafft Spiel, Satz und Applaus. Gemeinhin scheint es auch in Mode zu sein, Aufmerksamkeit zu erregen, indem das Publikum beschimpft wird, dessen es jedoch in einem solchen Falle schon nicht einmal mehr würdig ist. Lediglich eingenommen muss es werden, ihm die Idee vermittelnd, es sei Teil eines Besseren, heißt einen Schauplatz zu gestalten, der als höheres Gut als das Leben dieser Ziegel in ihren Mauern verstanden wird.
Es ist auch notwendig, jenes Publikum direkt anzusehen und an sich heranzuführen, es zusammenzupferchen und in eine gebannte Rolle streben zu lassen. Es darf nicht mehr Möglichkeit haben, als ihm durch die Zuweisung dieser Rolle gegeben ist, die Griffel müssen stets an seiner Kehle liegen, unaufhörlich die Drohung des Entzuges formend. Die letzte Schwelle muss gebrochen werden und der Trieb erwacht:
Scharet euch, meine Kinder!
Tanzt, ihr Inbrünstigen, Tanzt zu meinem Liede! Behebt euch auf und ergehet nieder zu den Klängen meines Wortes, bettet euch in die Wogen meiner Wellen. Ich bin gekommen um euch die Sehnsucht zu nehmen und an ihre Stelle das Abbild meines Götzen zu pflanzen. Auf dass ich eure Früchte tragen möge! Vermischet eure Säfte, ihr Herzleidenden, auf dass ihr euch verkennet in eurem Ebenbild. Vermischet euch mit diesem Ansturm und traget ihn in euch fort von hier, in alle Winde ihn verstreuend. Berichtet mit bebendem Blicke vom Erblickten und seiner wimmernden Kläglichkeit, die eure Herzen zu sprengen droht.
Vergehet in der Spülung meines Ausflusses und treibt davon auf den Heeren von Echos, erklingend aus allen Körpern, ward gesagt. Das Publikum verzehrt sich in der Wollust nach Verderbnis und ficht seine letzte Partie mit sich aus; die Verkennung stand zuvor an erster Stelle und ist nun der Erkenntnis zum Verhängnis geworden. Unvermögens die letzten Funken zu erblicken, kehrt es sich mit dunkler Miene ab und fordert seinen letzten Kuhhandel: Sein Leben für meinen Tod.
Wurde Sehen gesät, so ist der Höhepunkt des Zyklus durchlaufen und die Maschinerie aus Verwinkelungen zum Punkt gekommen. Aufklären heißt jetzt das bereits seit Anfang an Geplante zu offenbaren; die Spannung des Bogens muss bis zum Ende geführt werden. Da auch die letzte Karte auf den Tisch zu fallen droht, ist der Moment gekommen, den Endstein zu betrachten und in ihm den gesamten Marsch zu erkennen und erinnern. In dem Edelstein gleich reflektiert er jeden Schritt, der nötig war, um zu ihm zu gelangen, war doch auch jeder vorherige die Weissagung seinen Erscheinens.
Das Spiel geht dem Ende zu, hat sein Ziel getroffen und aus der Schaffung des Endes ergibt sich auch sein Anfang. Das abgezeichnete Schlachtfeld wird von den Gefallenen befreit um bald wieder zu seiner Reinheit zu finden, die Verwirrung weicht einem Ausklang und ergibt sich der Versicherung des Bevorstehenden. Das Publikum wird entlassen aus seiner Rolle, die Katharsis tritt im Austritt aus dem Affekt ein und der Sturm legt sich als ein sanfter Schlag nieder.