Wut
- Author
- Philip Schlusslicht
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Ich mache mich transparent für euch, in der Hoffnung, dass euer Schund, eure Schuld, eure Habgier und eure Sucht nach Aufmerksamkeit mich nicht treffen mögen. Ich schenke mein Gehör jedem, der es sucht, versuche nicht zu differenzieren zwischen Dir und Dir, versuche unvoreingenommen zu sein und meine Ansichten als Möglichkeiten zu betrachten, als nichts mehr als die mir eingeschriebene Weltanschauung.
Ich gebe mich meinem Schmerz nicht hin um ihn nicht in die Welt zu tragen, vergrabe ihn mit mir und halte ihn fern von euren Augen und Ohren soweit es mir möglich erscheint, in der Hoffnung ihn an Orten verlassen zu können, die kein Mensch je aufsuchen wird, meinem Endlager. Ich halte die Scherben meiner Person so lange mir möglich ist zusammen, hefte mich an die letzten Überreste meiner Kraft nur um Probleme lösen zu können, die doch nicht meine sind, um Menschen Gutes tun zu können, die doch nur wie ein Schwamm auf meinen Lebenswillen wirken.
Ich habe es satt mich von euch begaffen zu lassen, ich habe es satt euch Kreaturen Gutes zu tun, euch, die ihr euch als Menschen bezeichnet, zu dienen. Menschlichkeit haltet ihr doch noch für Missionierung, eure Bestrebung ist es nur anderen eure Anschauung nahe zu bringen, eure Möglichkeit als absolut zu betrachten, eure lächerliche Existenz als gottesgleich zu bezeichnen. Und doch suche und finde ich eben das, was ich der Welt zum Vorwurf mache auch in mir. So sehr ich versuche einen Unterschied zwischen mir und dem was mich umgibt zu finden, so wenig gelingt es mir.
All der Hass, all die Verachtung, die ich euch entgegen schleudern will, all meine Erkenntnisse über eure Funktion, eure Kognition, jegliches; es ist doch nur Ergebnis meines Denkens. Nichts davon ist jenseits von Subjektivität, nichts davon hat es verdient Anklang zu finden, nichts davon scheint mir wahr zu sein.